Im Dezember 2021. In Wengerohr laufen die Planungen für Expansionen ansässiger Betriebe: Zwischen dem Werk von Dr. Oetker und dem Park&Ride-Parkplatz sollen zusätzliche Gewerbeflächen entstehen. Dadurch würden weiter Flächen versiegelt und der Lebensraum besonders geschützter Arten vernichtet. NABU und BUND arbeiten an einer Stellungnahme zum Bebauungsplan.
Gerade erst haben sich Grüne, SPD und FDP im Koalitionsvertrag geeinigt: Der Erhalt der Artenvielfalt wird als „Menschheitsaufgabe“ und „ethische Verpflichtung“ anerkannt. Und schon werden diese Ziele, falls die Planungen im Wengerohrer Gewerbegebiet Realität werden, vor der eigenen Haustür mit Füßen getreten.
Exemplarisch für das Dilemma bei diesem erneuten großen Bauvorhaben mag die Kreuzkröte stehen. Sie steht in Kategorie 2 (stark gefährdet) auf der Roten Liste gefährdeter Arten in Deutschland. Zudem ist diese heimische Amphibie auch durch die FFH-Richtlinie der EU besonders geschützt. Das Vorkommen der Kreuzkröte im Baugebiet ist nachgewiesen, was auch dem mit der Planung beauftragten Büro bekannt ist. Dennoch schreibt es im Umweltbericht, dass „im Geltungsbereich derzeit keine geeigneten Habitatstrukturen bestehen“ (S. 32).
Michael Hahn vom NABU Südeifel kann das widerlegen: „Die nötigen Lebensräume für die Kreuzkröte sind vorhanden und werden genutzt, auch in Zukunft, trotz des Bauvorhabens. Hier sind also geeignete Maßnahmen nötig, um die lokale Population der seltenen Amphibienart vor der Zerschneidung ihrer Lebensräume zu schützen.“
NABU und BUND weisen darauf hin, dass es nicht alleine um die Kreuzkröte geht. Im Geltungsbereich nachgewiesen sind zum Beispiel auch fünf Libellenarten, die Europäische Gottesanbeterin, Rotmilan oder Bluthänfling, allesamt besonders geschützt und im Umweltbericht nicht einmal erwähnt.
Bei Bauvorhaben dieser Größe müssen Ausgleichsflächen für die versiegelten Gebiete ausgewiesen und gepflegt werden; in diesem Fall liegen sie an Bieberbach und Schattengraben sowie in der Nähe der Rotmühle. Doch mit Ersatzflächen hat der NABU Wittlich so seine Erfahrungen gemacht. „In der Regel fehlt ein Monitoring, welches den Erfolg der Ausgleichsmaßnahmen überprüft. Oft werden einmalig Flächen festgelegt, um die sich dann niemand kümmert oder die weiterhin intensiv landwirtschaftlich genutzt werden.“
Die Frist für eine Stellungnahme läuft am 13. Dezember 2021 ab. BUND und NABU setzen sich darin für
den Erhalt der Biodiversität ein und zeigen sich offen für Gespräche mit den verantwortlichen Stellen.
NABU/Justus Vogel, Dez. 2021
Porträt: Kreuzkröte (Epidalea calamita)
Lebensraum:
Die Kreuzkröte benötigt als Lebensraum trockenwarme Gebiete mit lockeren und sandigen Böden.
Das Vorhandensein offener, vegetationsarmer bis freier Flächen mit ausreichenden
Versteckmöglichkeiten als Landlebensraum sowie weitgehend vegetationsfreie Gewässer (Flachbzw.
Kleinstgewässer) als Laichplätze sind Voraussetzung für die Existenz der Art.
Gefährdung:
Die Zerstörung oder Beeinträchtigung von Kleingewässern durch Zuschüttung oder Eintrag von Müll,
Dünger und Umweltgiften, wie auch die aufkommende Sukzession gefährden und zerstören viele
Lebensräume der Kreuzkröte.
Schutzstatus
Europaweit geschützt nach der FFH-Richtlinie (Anhang IV) und „streng geschützt“ gemäß
Bundesnaturschutzgesetz. Streng geschützte Arten dürfen nicht gefangen, verletzt oder getötet
werden. Außerdem ist es verboten, sie durch Aufsuchen ihrer Lebensstätten zu beunruhigen.
Quelle (wörtlich entnommen):
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/amphibien-und-reptilien/amphibien/artenportraets/10661.html